Der Patriarch Abraham


Der Patriarch Abraham

Anforderungen JAHWEHS, unseres Gottes

Das Siegel Gottes

Religiöse Unterrichtsanstalten

 

Die Sintflut zur Zeit Noahs - Noahs Zeit als Vorbote für uns

In den Tagen Noahs ruhte infolge der Übertretung Adams und des von Kain begangenen Mordes ein doppelter Fluch auf der Erde. Doch hatte dies das äußere Aussehen der Natur nicht viel verändert...

Es gab damals viele Riesen, Männer von großer Gestalt und Kraft, berühmt wegen ihrer Weisheit, geschickt in der Erfindung der scharfsinnigsten und wunderbarsten Werke; aber ihre Schuld, der Gottlosigkeit Zügel schießen zu lassen, stand im Verhältnis zu ihrem Talent und ihrer geistigen Fähigkeit...

Da sie Gott nicht in ihrer Erkenntnis zu bewahren wünschten, fingen sie bald an, sein Dasein zu verleugnen. Sie beteten die Natur an Stelle des Gottes der Natur an. Sie verherrlichten das menschliche Genie, beteten die Werke ihrer eigenen Hände an, und lehrten ihre Kinder, sich vor geschnitzten Bildern zu beugen...

Hundert und zwanzig Jahre vor der Sintflut verkündigte JAHWEH (hier: der Herr) dem Noah durch einen Engel seine Absicht und wies ihn an, eine Arche zu bauen. Während er dieselbe baute, sollte er predigen, daß Gott eine Wasserflut über die Erde bringen werde, um die Gottlosen zu vernichten. Wer der Botschaft glauben und sich durch Reue und Besserung für das Ereignis vorbereiten würde, sollte Vergebung finden und gerettet werden. Henoch hatte seinen Kindern wiederholt, was Gott ihm hinsichtlich der Sintflut gezeigt hatte, und Methusalah und seine Söhne lebten noch, die Predigt Noahs zu hören und halfen beim Bau der Arche...

Während Noah seine Warnungsbotschaft der Welt erteilte, legten seine Werke Zeugnis ab für seine Aufrichtigkeit. Auf diese Weise wurde sein Glaube vervollkommnet und offenbar gemacht. Er gab der Welt das Beispiel, daß er glaubte, was Gott sagt. Alles, was er besaß, verwendete er auf die Arche. Als er anfing das ungeheure Schiff auf trockenem Boden zu bauen, kamen ganze Scharen von allen Seiten, um den seltsamen Anblick zu sehen und die ernsten glühenden Worte des sonderbaren Predigers zu vernehmen. Jeder Hammerschlag bei Bau der Arche war für das Volk ein Zeugnis.
Erst schienen viele die Warnung anzunehmen; doch kehrten sie sich nicht mit wahrer Buße zu Gott. Sie waren nicht bereit, ihre Sünden aufzugeben. Während der Zeit, die verstrich ehe die Flut kam, wurde ihr Glaube auf die Probe gestellt, und sie bestanden die Prüfung nicht. Überwältigt von dem überhandnehmenden Unglauben, schlossen sie sich schließlich ihren früheren Genossen an und verwarfen mit ihnen die feierliche Botschaft...

In ihrem Bestreben, Gott durch sinnliche Gegenstände darzustellen, wurden ihre Gemüter blind für seine Majestät und Macht; sie hörten auf, die Heiligkeit seines Charakters und die heilige, unwandelbare Natur seiner Anforderungen zu erkennen. Je allgemeiner die Sünde wurde, um so weniger sündhaft erschien sie, und schließlich erklärten sie, das göttliche Gesetz sei nicht mehr in Kraft; es widerspreche dem Charakter Gottes, die Übertretung zu bestrafen, und sie stellten in Abrede, daß die Erde von seinen Gerichten heimgesucht werde. Hätten die Menschen jenes Geschlechtes dem göttlichen Gesetze gehorcht, so würden sie die Stimme Gottes in der Warnung seines Knechtes erkannt haben; aber ihre Sinne waren durch die Verwerfung des Lichtes so verblendet worden, daß sie wirklich glaubten, die Warnung Noahs sein eine Täuschung...

Als Satan Eva zum Ungehorsam gegen Gott versuchte, sagte er zu ihr: “Ihr werdet mit nichten des Todes sterben.” Große Männer, weltliche, geehrte und weise Männer wiederholten dasselbe. “Die Drohungen Gottes,” sagten sie, “sollen uns nur einschüchtern und werden nie bewahrheitet werden. Ihr braucht euch nicht zu ängstigen. solch ein Ereignis wie die Verwüstung der Erde durch Gott, der sie machte, und die Bestrafung der Wesen, die er geschaffen (hat), wird nie stattfinden. Seid ruhig; fürchtet euch nicht. Noah ist ein wilder Schwärmer.” Die Welt machte sich lustig über die Torheit des betrogenen alten Mannes. Statt ihre Herzen vor Gott zu demütigen, führen sie in ihrem Ungehorsam und in ihrer Bosheit fort, gerade als ob Gott nicht durch den Mund seines Knechtes zu ihnen gesprochen hätte.
Aber Noah stand wie ein Fels mitten im Sturm...

Die Welt vor der Sintflut dachte, daß Jahrhunderte lang die Naturgesetze unverändert geblieben seien. Die wechselnden Jahreszeiten waren in ihrer regelmäßigen Ordnung gefolgt. Bisher war kein Regen gefallen; die Erde war durch einen Nebel oder Tau befeuchtet worden. Die Flüsse waren nie über ihre Ufer getreten, sondern hatten sicher das Wasser dem Meere zugeführt. Feste Gesetze hatten die Wasser von dem Überfluten der Ufer bewahrt...

Als die Zeit ohne eine sichtbare Veränderung in der Natur verstrich, wurden Männer, deren Herzen einst vor Furcht gezittert hatten, wieder sicher. Sie dachten, wie auch viele heutzutage, daß die Natur über dem Gott der Natur ist und ihre Gesetze so feststehen, daß selbst Gott sie nicht ändern könne. In der Meinung, daß wenn die Botschaft richtig wäre, die Natur aus ihrem Gange gebracht werden müsse, machten sie die Botschaft in den Augen der Welt zu einer Täuschung - einem großartigen Betruge. Sie legten ihre Verachtung für die Warnung Gottes dadurch an den Tag, daß sie gerade so handelten wie vorher. Sie fuhren fort in ihren Festlichkeiten und ihren schwelgerischen Gelagen; sie aßen und tranken, pflanzten und bauten, legte ihre Pläne  mit Bezug auf Vorteile, die sie in der Zukunft zu erlangen hofften; und sie gingen weiter in ihrer Gottlosigkeit und in vermessener Mißachtung der Anforderungen Gottes, um zu bezeugen, daß sie keine Furcht hatten vor dem Unendlichen. Sie machten geltend, daß wenn die Worte Noahs wahr wären, die berühmten Männer - die Weisen, die Klugen, und die Großen - die Sache verstehen würden.

Hätten die vorsintflutlichen Menschen der Warnung geglaubt, und für ihre gottlosen Werke Buße getan, so würde JAHWEH (hier: der Herr) seinen Zorn abgewendet haben, wie er ihn später von Ninive abwendete. Aber in ihrem beharrlichen Widerstand gegen die Vorwürfe des Gewissens und die Warnungen des Propheten Gottes, füllte jenes Geschlecht das Maß seiner Bosheit und wurde reif zum Untergange.

Ihre Prüfungszeit nahte ihrem Ende. Noah hatte die Belehrungen, die er von Gott erhalten hatte, treu geglaubt. Die Arche war fertig in allen Teilen, wie JAHWEH (hier: der Herr) geboten hatte, und mit Nahrung für Menschen und Tiere versehen. Und nun ließ der Knecht Gottes seine letzte feierliche Aufforderung an das Volk ergeben. Mit einer Inbrunst des Verlangens, welche Worte nicht auszudrücken vermögen, flehte er sie an, eine Zuflucht zu suchen, so lange sie gefunden werden könne. Wiederum verwarfen sie seine Worte, und spotteten und höhnten. Plötzlich fiel ein Schweigen auf den neckenden Haufen. Tiere aller Art, von den grimmigsten bis zu den harmlosesten, sah man von den Bergen hernieder und aus den Wäldern kommen, und ruhig den Weg nach der Arche einschlagen. Ein Geräusch wie einem Windstoß wurde vernommen, und siehe da, Vögel flogen aus allen Richtungen daher, so daß ihre Zahl den Himmel verdunkelte, und begaben sich in vollkommener Ordnung nach der Arche. Die Tiere gehorchten dem Gebote Gottes, während die Menschen ungehorsam waren. Von heiligen Engeln geführt “gingen zu ihm in den Kasten bei Paaren, je ein Männlein und Fräulein, wie ihm JAHWEH (hier: der Herr) geboten hatte,” und von den reinen Tieren je sieben. Die Welt sah mit Erstaunen, etliche mit Furcht zu. Die Weltweisen wurden aufgefordert, den sonderbaren Vorgang zu erklären, aber umsonst. Es war ein Geheimnis, welches sie nicht ergründen konnten. Aber die Menschen waren durch ihre beharrliche Verwerfung des Lichtes so verhärtet worden, daß selbst dieser Anblick nur einen augenblicklichen Eindruck auf sie hervorbrachte. Als das verurteilte Geschlecht die in ihrer Herrlichkeit scheinende Sonne und die beinahe in die Pracht Edens gekleidete Erde betrachtete, verbannten sie die aufsteigenden Befürchtungen durch unbändige Lustbarkeit, und schienen durch ihre Gewalttaten die Heimsuchung des bereits erwachten Zornes Gottes förmlich herauszufordern.

Gott gebot Noah: “Gehe in den Kasten, du und dein ganzes Haus; denn ich habe dich gerecht ersehen vor mir zu dieser Zeit.” Noahs Warnungen waren von der Welt verworfen worden, aber sein Einfluß und sein Beispiel gereichten seiner Familie zum Segen. Zur Belohnung seiner Treue und Rechtschaffenheit rettete Gott alle Glieder seiner Familie mit ihm. Welch eine Ermutigung zu elterlicher Treue.

Die Gnadenzeit für das schuldige Geschlecht hatte aufgehört. Die Tiere des Feldes und die Vögel des Himmels hatten den Zufluchtsort betreten. Noah und seine Familie waren in der Arche. “Und JAHWEH (hier: der Herr) schloß hinter ihm zu.” Die massive Tür, welche zu schließen denen innerhalb unmöglich war, wurde von unsichtbaren Händen langsam in die richtige Lage gebracht. Noah war eingeschlossen und die, welche Gottes Gnade verworfen hatten, waren draußen. Das Siegel des Himmels war auf der Tür; Gott hatte sie geschlossen und Gott allein konnte sie öffnen. So wird, wenn Christus seine Vermittlung für die schuldigen Menschen einstellen wird, vor seinem Kommen in den Wolken des Himmels die Türe der Gnade verschlossen werden. Dann wird die göttliche Gnade die Gottlosen nicht länger in Zaume halten, und Satan volle Herrschaft über diejenigen haben, welche die Barmherzigkeit von sich stießen. Sie werden sich bemühen, das Volk Gottes zu vernichten; aber wie Noah in der Arche eingeschlossen war, werden die Gerechten von der göttlichen Macht beschützt werden.

Sieben Tage lang, nachdem Noah und seine Familie in die Arche eingegangen waren, zeigte sich kein Zeichen des herannahenden Sturmes. Während dieser Zeit wurde ihr Glaube geprüft. Es ware eine Zeit des Triumphes für die Welt außerhalb. Die scheinbare Verzögerung bestärkte sie in dem Glauben, daß die Botschaft Noahs eine Täuschung gewesen sei und die Sintflut nie hereinbrechen werde. Trotz der feierlichen Szenen, die sie gesehen hatten, - wie die Tiere und Vögel in die Arche gingen und die Engel die Tür zumachten - fuhren sie fort sich lustig zu machen und zu höhnen, wobei sie sogar ihren Spaß hatten an den sichtbaren Offenbarungen der Macht Gottes.

Aber am achten Tage zogen finstere Wolken am Himmel herauf. Ihnen folgte das Grollen des Donners und das Zucken der Blitze. Bald fingen große Regentropfen an zu fallen. Nie zuvor hatte die Welt irgend etwas derartiges gesehen, und Furcht beschlich die Herzen der Menschen. Alle fragten sich heimlich: “Kann es sein, daß Noah recht hat und die Welt zum Untergang verurteilt ist?” Finster und finsterer wurde der Himmel und immer schneller kan der fallende Regen. Rings umher heulten die Tiere in wildestem Schrecken, und ihre mißtönigen Laute schienen ihr eigenes Schicksal und das Los der Menschen zu beklagen. “Da brachen auf alle Brunnen der Tiefe, und taten sich auf alle Fenster des Himmels.” Das Wasser schien in gewaltigen Sturzbächen aus den Wolken zu kommen. Die Flüsse stiegen über ihren Grenzen hinaus und überfluteten die Täler. Wasserstrahlen brachen mit ungeheurer Kraft aus der Erde hervor und schleuderten massive Felsen Hunderte von Fuß hoch in die Luft, die sich beim Herunterfallen tief in den Boden begruben.

Erst sah das Volk die Zerstörung der Werke ihrer eigenen Hände. Ihre prachtvollen Gebäude, ihre schönen Gärten und Haine, in denen sie ihre Götzen aufgestellt hatten, wurden durch die vom Himmel herabzuckenden Blitze zerstört und die Trümmer weit und breit umhergestreut. Die Altäre, auf denen Menschenopfer dargebracht worden waren, wurden niedergerissen, und die Anbeter erzitterten von der Macht des lebendigen Gottes und erkannten, daß ihre Verderbtheit und ihre Abgötterei ihren Untergang herbeigerufen hatten...

Als die Wasser höher und höher stiegen, suchten die Leute Zuflucht auf den höchsten Bergen. Oft rangen Menschen und Tiere miteinander um einen Platz für ihren Fuß, bis beide weggeschwemmt wurden.
Von den höchsten Gipfeln schauten die Menschen auf ein uferloses Meer umher. Die feierlichen Warnungen des Knechtes Gottes schienen ihnen nicht länger ein Gegenstand des Hohnes und Spottes. Wie sehnten sich nun diese verurteilten Sünder nach den Gelegenheiten, die sie versäumt hatten! Wie flehten sie um eine Stunde Gnadenzeit, um noch ein Vorrecht der Gnade, nur einen Ruf von den Lippen Noahs! Aber sie vernahmen die sanfte Stimme der Barmherzigkeit nicht mehr. Die Liebe verlangte nicht weniger als die Gerechtigkeit, daß die Gerichte Gottes der Sünde Einhalt taten. Die rächenden Wasser ergossen sich über den letzten Zufluchtsort, und die Verächter Gottes gingen in der schauerlichen Tiefe zu Grunde.

“Verborgen ist nämlich ihnen ... daß die Himmel und die Erde vormals aus Wasser und mittelst Wasser zustande kamen durch das Wort Gottes, mittelst dessen die damalige Welt, mit Wasser überflutet, zu Grunde ging. Die jetzigen Himmel und die Erde aber sind durch dasselbe Wort aufgespart, indem sie für das Feuer behalten werden am Tage des Gerichts und Verdammnis der gottlosen Menschen.” Ein anderer Sturm naht. Die Erde wird abermals von dem rächenden Zorn Gottes gereinigt und die Sünde und die Sünder umgebracht werden.

Die Sünden, welche die Rache Gottes auf die vorsintflutliche Welt brachten, bestehen auch heute. Die Gottesfurcht ist aus den Herzen der Menschen verbannt, und sein Gesetz wird mit Gleichgültigkeit behandelt. Der ungemeine Weltsinn jenes Geschlechtes kommt dem des jetzt lebenden Geschlechtes gleich. Christus sagte: “Denn gleich wie sie waren in den Tagen vor der Sintflut; sie aßen, sie tranken, sie heirateten (freieten) und ließen sich heiraten (freien), bis an den Tag, da Noah zu der Arche einging; und sie achteten es nicht bis die Sintflut kam, und nahm sie alle dahin; also wird auch sein die Wiederkunft des Menschen Sohnes.” (Matth. 24,38.39) Gott verurteilte die Leute vor der Sintflut nicht, weil sie aßen und tranken; er hatte ihnen die Früchte der Erde in großer Fülle zur Befriedigung ihrer leiblichen Bedürfnisse gegeben. Ihre Sünde bestand darin, daß sie diese Gaben nahmen, ohne gegen den Geber dankbar zu sein, und sich herabwürdigten dadurch, daß sie zügellos der Eßlust fröhnten. Die Ehe war ihen erlaubt; sie war in der Ordnung Gottes und eine der ersten Einrichtungen, die er eingeführt hatte. Er gab besondere Weisungen hinsichtlich dieser Verordnung, und kleidete sie mit Heiligkeit und Schönheit; aber diese Anweisungen wurden vergessen, die Ehe mißbraucht und in den Dienst der Leidenschaft gezogen.

Ein ähnlicher Zustand der Dinge besteht heutzutage. Was an und für sich erlaubt ist, wird aufs äußerste getrieben. Der Eßlist wird ohne Schranken gefröhnt. Bekenner des Christentums essen und trinken heute mit den Trunkenen, während ihre Namen ehrenvoll in Gemeindebüchern stehen. Die Unmäßigkeit betäubt die sittlichen und geistigen Kräfte und bereitet den Weg zur Befriedigung der niedrigen Leidenschaften. Tausende fühlen sie unter keiner sittlichen Verpflichtung, ihre sinnlichen Begierden zu zähmen und werden Sklaven der Lust. Die Menschen leben, um ihre Sinne zu ergötzen, einzig für diese Welt und dieses Leben allein. Übertreibung hat in allen Klassen der Gesellschaft die Oberhand. Die Rechtschaffenheit wird dem Aufwand und der Hoffart geopfert. Die schnell reich werden wollen, verdrehen das Recht und unterdrücken die Armen; und “Sklaven und Menschenseelen” werden noch immer gekauft und verkauft. Betrug, Bestechung und Diebstahl gehen stolz einher in hohen und niederen Kreisen, ohne gerügt zu werden. Die Zeitungen wimmeln von Berichten von Mordtaten und Verbrechen, die so kaltblütig und grundlos begangen werden, daß es scheint als ob jedes Gefühl der Menschlichkeit ausgestorben sei. Und diese Greuel sind zu so gewöhnlichen Vorkommnissen geworden, daß sie kaum eine Beurteilung veranlassen oder Erstaunen erregen. Der Geist der Anarchie durchdringt alle Nationen, und die Ausbrüche, die von Zeit zu Zeit das Entsetzen der Welt erregen, sind zur Zeichen des aufgehäuften Feuers der Leidenschaften und der Gesetzlosigkeit, welche, wenn sie sich einmal den Schranken entwunden haben, die Welt mit Jammer und Verwüstung füllen werden. Das Gemälde, welche die Heilige Schrift von der vorsintflutlichen Welt entworfen hat, stellt nur zu wahr den Zustand dar, dem die heutige Gesellschaft rasch entgegen geht. Sogar jetzt, in diesem ... Jahrhundert, in dem Bekenntnisse nach christlichen Ländern, werden täglich Verbrechen begangen, die ebenso schändlich und schrecklich sind, wie die, um welcher willen die Sünder der alttestamentlichen Welt umgebracht wurden...

“Es liegt kein Grund vor, sich zu beunruhigen,” rufen sie. “Ehe Christus kommt, muß erst die ganze Welt bekehrt werden, und Gerechtigkeit tausend Jahre lang regieren. Friede, Friede! Alles geht gerade so fort, wie es von Anfang an gewesen ist. Niemand lasse sich beunruhigen durch die aufregende Botschaft dieser Lärmmacher.” Aber diese Lehre von einem tausendjährigen Friedensreiche stimmt nicht mit den Aussagen Christi und seiner Apostel. Jesus stellte die bedeutsame Frage. “Doch wenn des Menschen Sohn kommen wird, meinst du, daß er auch werde Glauben finden auf Erden?” (Lukas 18,8) Und wie wir gesehen haben, erklärt er, daß der Zustand der Welt sein werde, wie in den Tagen Noahs. Paulus ermahnt uns, zu erwarten, daß die Gottlosigkeit in dem Maße überhand nehme, als Ende sich nahe: “Der Geist aber sagt deutlich, daß in der letzten Zeit werden etliche von dem Glauben abtreten, und anhangen den verführerischen Geistern, und Lehren der Teufel.” (1. Timotheus 4,1) Der Apostel sagt, “daß in den letzten Tagen werden greuliche Zeiten kommen.” (2. Timotheus 3,1) Und er gibt uns auch ein erstaunliches Verzeichnis von Sünden, die sich unter denen finden werden, die den Schein ein gottseligen Wesens haben.

„Die Patriarchen und Propheten“ von Ellen G. White, S. 81 - 95


Der Patriarch Abraham

Bei seiner Rückkehr kam Abraham (von der Befreiung seines Neffen Lots) der König von Sodom mit seinem Gefolge entgegen, um den Sieger zu ehren. Der König bat ihn, die eroberten Güter zu nehmen, und nur die Gefangenen zurückzugeben. Nach dem Kriegsrechte gehörte die Beute dem Sieger. Aber Abraham hatte diesen Feldzug ohne die Absicht auf Gewinn unternommen und er weigerte sich, Vorteil zu ziehen aus den Unglücklichen. Er beanspruchte nur, dass seine Verbündeten den Teil erhalten sollten, zu dem sie berechtigt waren.

Wenige hätten sich, wenn sie einer solchen Prüfung unterworfen worden wären, so edel erwiesen wie Abraham. Wenige hätten der Versuchung, sich eine reiche Beute zu verschaffen, widerstanden. Sein Beispiel ist ein Vorwurf für selbstsüchtige, gewinnliebende Geister.  Abraham beachtete die Ansprüche der Gerechtigkeit und Menschlichkeit. Sein Benehmen ist ein Beispiel für den biblischen Grundsatz: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." ,,Ich hebe meine Hand auf zu dem Herrn", sagte er, ,,dem höchsten Gott, der Himmel und Erde besitzt, dass ich von allem, das dein ist, nicht einen Faden, noch einen Schuhriemen nehmen will, dass du nicht sagest, du habest Abraham reich gemacht." Er wollte ihnen keine Veranlassung geben, zu denken, er habe sich um des Gewinnes willen in einen Krieg eingelassen, oder seinen Wohlstand Geschenken oder Gunstbezeugungen zuzuschreiben. Gott hatte verheißen, Abraham zu segnen, und seiner Ehre sollte es zugeschrieben werden.

Ein anderer, der hinausging, um den siegreichen Patriarchen zu begrüßen, war Melchisedek, der König von Salem, welcher zur Erquickung seines Heeres Brot und Wein brachte. Als ,,ein Priester Gottes des Höchsten" sprach er einen Segen aus über Abraham und dankte dem Herrn, der durch seinen Knecht eine so große Befreiung gewirkt hatte. Und “demselben gab Abraham den Zehnten von allerlei.”

Fröhlich kehrte Abraham zu seinen Zelten und zu seinen Herden zurück; aber sein Gemüt war von trüben Gedanken beunruhigt. Er war ein Mann des Friedens gewesen, und hatte Feindschaft und Streit so viel wie möglich gemieden; und mit Entsetzen rief er sich die Szene des Blutvergießens zurück, die er gesehen hatte. Aber die Völker, deren Streitkräfte er geschlagen hatte,  erneuerten ohne Zweifel ihren Einfall in Kanaan und machten ihn zum besonderen Gegenstand der Rache. Auf diese Weise in nationale Streitigkeiten verwickelt, musste die friedliche Ruhe seines Lebens gestört werden. Zudem hatte er den Besitz Kanaans noch nicht angetreten, noch konnte er jetzt auf einen Erben hoffen, dem die Verheißung erfüllt werde.

In einem Gesichte der Nacht, vernahm er abermals die göttliche Stimme: ,,Fürchte dich nicht, Abram," lauteten die Worte des Friedensfürsten, ,,ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn." Aber sein Gemüt war so niedergedrückt von Ahnungen, dass er jetzt die Verheißung nicht mit unbedingtem Vertrauen erfassen konnte, wie zuvor. Er betete um einen greifbaren Beweis, dass sie erfüllt werde Und wie sollte die Bundesverheißung erfüllt werden, während ihm die Gabe eines Sohnes vorenthalten war? ,,Was willst du mir geben?" fragte er. "Ich gehe dahin ohne Kinder, und siehe, der Sohn meines Gesindes (Knechtes) soll mein Erbe sein." Er schlug vor, seinen vertrauten Knecht Elieser, zu seinem Adoptivsohn und zum Erben seiner Güter zu machen. Aber es wurde ihm versichert, dass ein eigenes Kind sein Erbe sein sollte. Dann wurde er aus seinem Zelte heraus geführt und ihm gesagt, die unzähligen Sterne zu betrachten, die am Himmel glänzten; und als er dies tat, wurden die Worte gesprochen: "Also soll dein Same (Nachkommen) werden." Und “Abraham hat Gott geglaubt, und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.”

Noch immer bat der Patriarch um ein sichtbares Zeichen zur Stärkung seines Glaubens und zu einem Beweis für die späteren Geschlechter, dass die Gnadenabsichten Gottes gegen dieselben erfüllt würden. Der Herr ließ sich herab, mit seinem Diener ein Bündnis einzugehen, wobei er sich solcher Formen bediente, wie sie unter den Menschen zur Bestätigung einer feierlichen Verpflichtung gebräuchlich waren. Auf göttliche Anweisung opferte Abraham eine junge Kuh, eine Ziege und einen Widder, jedes drei Jahre alt, zerteilte es mitten von einander und legte die Stücke in geringer Entfernung voneinander. Dazu fügte er eine Turteltaube und eine junge Taube hinzu, welche aber er nicht teilte. Als er dies getan hatte, ging er ehrfurchtsvoll zwischen den Teilen des Opfers durch und machte Gott ein feierliches Gelübde ewigen Gehorsams. Wachsam und ausdauernd blieb er bei den Tierleichen, bis die Sonne unterging, um dafür zu sorgen, dass sie nicht verunreinigt oder von Raubvögeln gefressen wurden. Beim Sonnenuntergang versank er in einen tiefen Schlaf; "und siehe, Schrecken und große Finsternis überfiel ihn". Und er vernahm die Stimme Gottes, die ihm gebot, nicht einen unmittelbaren Besitz des gelobten Landes zu erwarten, und die ihn vorwärts wies auf die Leiden seiner Nachkommen vor ihrer Einsetzung in Kanaan. Hier wurde ihm in dem Tode Christi und seines Kommens in Herrlichkeit der Erlösungsplan offen gelegt. Abraham sah auch die wieder zur Schönheit Edens hergestellte Erde, die ihm als letzte und vollständige Erfüllung der Verheißung zum ewigen Besitze gegeben werden sollte.

Zum Pfande dieses Bundes Gottes mit den Menschen “rauchte ein Ofen und eine Feuerflamme fuhr zwischen den Stücken hin", und verzehrte sie gänzlich, zum Zeichen der göttlichen Gegenwart. Und abermals vernahm Abraham eine Stimme, die bekräftigte, dass das Land Kanaan seinen Nachkommen gegeben werden sollte ,,von dem Wasser Ägyptens an, bis an das Wasser Phrat (den großen Strom Euphra)t".

Als Abraham nahezu fünfundzwanzig Jahre in Kanaan gelebt hatte, erschien ihm der Herr und sagte: "Ich bin der allmächtige Gott; wandle vor mir und sei fromm." Ehrfurchtsvoll fiel der Patriarch auf sein Angesicht, und die Botschaft fuhr fort: "Und ich will meinen Bund zwischen mir und dir machen, und will dich sehr vermehren." Zum Zeichen der Erfüllung dieses Bundes sollte sein Name, der bisher Abram gelautet hatte, in Abraham verändert werden, was bedeutet "ein Vater vieler Völker". Sarais Name wurde zu Sarah - "Fürstin", "denn", sagte die göttliche Stimme, ,,ich will sie segnen und Völker sollen aus ihr werden und Könige über viele Völker."

Zu dieser Zeit wurde Abraham ,,zum Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens”, welchen er noch in der Vorhaut hatten”, der Gebrauch der Beschneidung gegeben. Sie sollte von dem Patriarchen und seinen Nachkommen beobachtet werden als ein Zeichen, dass sie dem Dienst Gottes geweiht und dadurch von den Götzendienern getrennt waren, und Gott sie zu seinem Eigentum angenommen hatte. Durch diesen Ritus waren sie verpflichtet, ihr Teil zu erfüllen, nämlich die Bedingungen des mit Abraham gemachten Bundes. Sie sollten keine Ehen eingehen mit den Heiden, denn dadurch würden sie ihre Ehrfurcht vor Gott und seinem heiligen Gesetze verlieren; sie würden versucht werde, sich an den sündhaften Gewohnheiten der Heiden zu beteiligen und zur Abgötterei verführt werden.

Gott verlieh Abraham große Ehre. Engel Gottes wandelten und sprachen mit ihm, wie ein Freund zum Freunde. Also Sodom mit Gerichten heimgesucht werden sollte, wurde ihm die Tatsache nicht verheimlicht, und er wurde zum Fürsprecher der Sünder vor Gott. Sein Verkehr mit den Engeln zeigt auch ein schönes Beispiel von Gastfreundschaft.

In der Hitze des Sommernachmittags saß der Patriarch in der Türe seines Zeltes, und überschaute die friedliche Landschaft, als er in der Ferne drei Wanderer näher kommen sah. Ehe sie sein Zelt erreichten, machten die Fremdlinge hat, als ob sie sich berieten, was sie tun wollen. Ohne zu warten, bis sie um seine Gunst nachsuchten, erhob sich Abraham rasch, und da sie sich scheinbar nach einer anderen Richtung wandten, eilte er ihnen nach und nötigte sie mit größter Höflichkeit, ihm die Ehre zu erweisen, zur Erfrischung bei ihm einzukehren. Mit eigener Hand brachte er Wasser, um ihnen den Staub von der Reise von den Füßen zu waschen. Er wählte selbst die Nahrung für sie aus; und während sie unter dem kühlen Schatten ruhten, wurde die Bewirtung fertig gemacht, und achtungsvoll stand er neben ihnen, während sie von seiner Gastfreundschaft genossen. Diese höfliche Tat erachtete Gott von hinreichender Wichtigkeit, um sie in seinem Wort aufzuzeichnen; und tausend Jahre später wies der vom Geiste Gottes erleuchtete Apostel darauf hin: “Gastfrei zu sein vergesset nicht; denn durch dasselbige haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherbergt."

Abraham hatte in seinen Gästen nur drei müde Wanderer gesehen und dachte wenig daran, dass er Einen unter ihnen ohne Sünde anbeten könne. Nun aber zeigte sich der wahre Charakter der himmlischen Boten. Obwohl sie als Boten des Zornes auf ihrem Wege waren, sprachen sie doch zu Abraham, dem Glaubensmanne, zuerst von Segnungen. Obgleich Gott strenge ist, die Gottlosigkeit zu kennzeichnen und die Übertretung zu bestrafen, hat er doch keinen Gefallen an der Rache. Das Werk der Zerstörung ist ihm, der unendlich ist in seiner Liebe, fremd.

,,Das Geheimnis des Herrn ist unter denen, die ihn fürchten." Abraham hatte Gott geehrt und Gott ehrte ihn, indem er ihn in seine Ratschläge einweihte und ihm seine Absichten offenbarte. "Wie kann ich Abraham verbergen, was ich tue?" sagte der Herr. ,,Es ist ein Geschrei zu Sodom und Gomorra, das ist groß, und ihre Sünden sind sehr schwer. Darum will ich hinab fahren und sehen, ob sie alles getan haben nach dem Geschrei, das vor mich gekommen ist; oder ob’s nicht so sei, dass ich's wisse." Gott kannte das Maß der Schuld Sodoms sehr wohl; aber er drückte sich aus nach der Wiese der Menschen, auf dass die Gerechtigkeit seiner Handlungen verstanden werde.
Ehe er Gerichte über die Übertreter brachte, wollte er selbst hingehen, um eine Untersuchung ihres Wandels anzustellen; und falls sie die Grenzen der göttlichen Barmherzigkeit nicht überschritten hatten, wollte er ihnen noch immer Raum zur Buße gewähren.

Zwei der himmlischen Boten gingen davon und ließen Abraham allein mit dem, von dem er wusste, dass er der Sohn Gottes war. Und der Mann des Glaubens flehte für die Bewohner Sodoms. Einst hatte er sie mit seinem Schwert befreit; nun bemühte er sich, sie mit seinem Gebete zu retten. Noch immer wohnten Lot und seine Familie daselbst; und die selbstlose Liebe, welche Abraham zu ihrer Befreiung von den Elamitern getrieben hatte, suchte sie nun, falls es der Wille Gottes war, vor dem Sturme des göttlichen Gerichts zu retten.

Mit tiefer Ehrfurcht und Demut brachte er seine Bitte vor: ,,Ach siehe, ich habe mich unterwunden zu reden mit dem Herrn, wiewohl ich Erde und Asche bin." Er war ohne Selbstvertrauen, ohne Prahlen mit eigener Gerechtigkeit. Er beanspruchte keine Gunst auf Grund seines Gehorsams, oder der Opfer, die er gebracht hatte dadurch, dass er den Willen Gottes getan hatte. Selbst ein Sünder, verwendete er sich zu Gunsten von Sündern. Eine solche Gesinnung sollten diejenigen besitzen, die sich Gott nahen. Doch legte Abraham das Zutrauen eines Kindes an den Tag, das mit einem geliebten Vater rechtet. Er kam nahe auf den himmlischen Boten zu und trug inbrünstig sein Anliegen vor. Obgleich Lot ein Bewohner Sodoms geworden war, nahm er doch nicht Teil an der Gottlosigkeit seiner Einwohner. Abraham dache, dass in jener volkreichen Stadt andere Verehrer des wahren Gottes sein müssten. Und im Hinblick darauf flehte er: ,,Das sei ferne von Dir, dass Du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen, dass der Gerechte sei gleich, wie der Gottlose. Das sei ferne von Dir, der Du aller Welt Richter bist:" Du wirst so nicht richten. Abraham bat nicht nur einmal, sondern oft. Kühner werdend, weil seine Bitten beantwortet wurden, fuhr er fort bis er die Versicherung erlangt hatte, dass selbst, wenn zehn Gerechte in der Stadt gefunden werden könnten, sie verschont werde.

Liebe zu verderbenden Seelen beseelte Abrahams Gebet. Der Sohn Gottes ist selbst der große Mittler zu Gunsten des Sünders. Er, der den Preis für ihre Erlösung bezahlt hat, kennt den Wert der Menschenseele. Mit einem Abscheu vor der Sünde, wie er nur in einer fleckenlos reinen Natur bestehen kann, legte Christus eine Liebe gegen den Sünder an den Tag, wie unendliche Güte allein sie ersinnen kann. In den Todesschmerzen der Kreuzigung, selbst beladen mit dem furchtbaren Gewichte der Sünden der ganzen Welt, bat er für die, welche ihn verhöhnten und umbrachten: “,Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!"

Von Abraham heißt es, er sei "ein Freund Gottes geheißen", ”ein Vater aller, die da glauben". Das Zeugnis Gottes über den treuen Patriarchen lautet: ,,Abraham ist meiner Stimme gehorsam gewesen, und hat gehalten meine Rechte, meine Gebote, meine Weise (Weisungen) und meine Gesetze;" und abermals: ,,Denn ich weiß, er wird befehlen seinen Kindern, und seinem Hause nach ihm, dass sie des Herrn Wege halten und tun, was recht und gut ist; auf dass der Herr auf Abraham kommen lasse, was er ihm verheißen hat." Es war eine hohe Ehre, zu der Abraham berufen worden war, dass er der Vater des Volks werden sollte, das Jahrhunderte lang die Wächter und Bewahrer der Wahrheit Gottes für die Welt sein sollte, des Volkes, durch welches alle Nationen der Erde in der Ankunft des verheißenen Messias gesegnet werden sollten. Aber er, der den Patriarchen berief, erkannte ich als würdig. Gott ist’s, der spricht. Er, der die Gedanken von ferne versteht, und die Menschen richtig beurteilt, sagt: “Ich habe ihn erkannt.” Vonseiten Abrahams würde nicht aus selbstsüchtigen Absichten ein Verrat an der Wahrheit geschehen. Er würde das Gesetz halten und recht und billig handeln. Und er würde nicht nur selbst den Herrn fürchten, sondern auch in seiner Familie Religion pflegen. Er würde seine Familie in der Gerechtigkeit unterrichten. Das Gesetz Gottes würde in seiner Haushaltung die Richtschnur sein.

Abrahams Haushaltung umfasste mehr als tausend Seelen. Wer sich durch seinen Unterricht bewegen ließ, den Einen Gott anzubeten, fand eine Heimat in seinem Lager; und hier empfingen sie, wie in einer Schule, solche Belehrung, wie sie dadurch vorbereitet wurden, Vertreter des wahren Glaubens zu werden. So ruhte eine große Verantwortlichkeit auf ihm. Er erzog Familienhäupter, und seine Art zu regieren, wurde in den Haushaltungen ausgeführt, über welche sie herrschen würden.

In der ersten Zeit war der Vater der Herrscher und Priester seiner eigenen Familie und hatte Macht über seine Kinder, selbst nachdem sie ihre eigenen Familien hatten. Seine Nachkommen wurden gelehrt, sowohl in religiösen als auch in irdischen Dingen zu ihm aufzublicken. Dieses patriarchalische Regierungssystem Abrahams suchte die Gotteserkenntnis zu verewigen, wie es dieselbe auch zu bewahren suchte. Es war notwendig, die Familienglieder zusammenzubinden, um eine Schranke aufzubauen gegen die Abgötterei, welche so weit verbreitet wurde und so tief eingewurzelt war. Abraham suchte auf jede ihm zu Gebote stehenden Macht die Bewohner seines Lagers davor zu bewahren, sich unter die Heiden zu mischen und ihre abgöttischen Gebräuche zu sehen; denn er wusste dass eine Vertrautheit mit der Sünde unmerklich die guten Grundsätze verderben würde. Die größte Sorgfalt übte er aus, um jegliche Form falscher Religion auszuschließen und den Seelen die Majestät und Herrlichkeit des lebendigen Gottes als des wahren Gegenstandes der Anbetung einzuprägen.

Es war eine weise Einrichtung, die Gott selbst getroffen hatte, sein Volk so weit als möglich von aller Verbindung mit den Heiden abzuschließen, indem er sie zu einem allein wohnenden Volke machte und nicht zu den Nationen rechnete. Er hatte Abraham von seiner götzendienerischen Verwandtschaft getrennt, auf dass der Patriarch seine Familie abseits von den verführerischen Einflüssen, welche sie in Mesopotanien umgegeben hätten, erziehen könne, und damit der wahre Glaube von seinen Nachkommen von Geschlecht zu Geschlecht in seiner Reinheit bewahrt werde.

Abrahams Liebe zu seinen Kindern und zu seiner Familie führte ihn dazu, ihre religiösen Überzeugungen zu wahren, ihnen als das höchste Vermächtnis, das er ihnen und durch sie der Welt übergeben konnte, eine Kenntnis der göttlichen Satzungen mitzuteilen. Alle wurden gelehrt, dass sie unter der Herrschaft des Gottes vom Himmel seien. Es sollte vonseiten der Eltern keine Unterdrückung und vonseiten der Kinder kein Ungehorsam vorhanden sein. Das Gesetz Gottes hatte jedem seine Pflicht zugewiesen, und nur im Gehorsam gegen dasselbe konnte jedes sich Glück und Wohlergehen verschaffen.
Sein eigenes Beispiel, der stumme Einfluss seines täglichen Lebens, war ein beständiger Unterricht.
Die unwandelbare Rechtschaffenheit, das Wohlwollen und die selbstlose Höflichkeit, welche die Bewunderung von Königen gewonnen hatte, traten in der Familie zu Tage. Ein Wohlgeruch umwehte das Leben, es herrschte ein Adel und eine Lieblichkeit des Charakters, welche allen zeigte, dass er mit dem Himmel in Verbindung stand. Er vernachlässigte die Seele auch des niedrigsten Knechtes nicht. In seinem Hause gab es nicht ein Gesetz für den Gebieter und ein anderes für den Knecht, einen königlichen Pfad für den Reichen und einen anderen für den Armen. Alle wurde als Miterben der Gnade des Lebens mit Gerechtigkeit und Erbarmen behandelt.

,,Er wird befehlen seinem Hause nach ihm." Er würde sich keine sündhafte Vernachlässigung, die bösen Neigungen seiner Kinder zu zügeln, zu schulden kommen lassen, keine schwache, unkluge, nachgiebige Verzärtelung (Bevorzugung); noch seine Überzeugungen von Pflicht den Ansprüchen einer falsch verstandenen Liebe aufopfern. Abraham würde nicht nur die richtige Belehrung erteilen, sondern auch die Autorität gerechtet und billiger Gesetze behaupten.

Wie wenige gibt es, die in unseren Tagen sein Beispiel befolgen. Vonseiten nur zu vieler Eltern herrscht eine blinde und selbstische Sentimentalität, die irrtümlicherweise Liebe genannt wird, und sich dadurch äußert, dass Kinder mit unvollendetem Urteil und ungezügelten Leidenschaften der Herrschaft ihres eigenen Willens überlassen werden. Dies ist die größte Grausamkeit  gegen die Jugend und das größte Unrecht gegen die Welt. Elterliche Schwachheit bringt Unordnung in die Familien und in die menschliche Gesellschaft. Es bestärkt in der Jugend das Verlangen, den Neigungen zu folgen, statt sich den göttlichen Forderungen zu unterwerfen. So wachsen sie auf mit Herzen, die sich sträuben, den Willen Gottes zu tun; und sie übertragen ihre irreligiöse widerstrebende Gesinnung auf ihre Kinder und Kindeskinder. Wie Abraham, sollten die Eltern ihrem Hause nach ihnen befehlen. Lehrt Gehorsam gegen die elterliche Autorität und schärft ihn ein als den ersten Schritt zum Gehorsam gegen die Autorität Gottes.

Die geringe Achtung, mit welcher das Gesetz Gottes selbst von Männern beobachtet wird, die aus religiösen Geiste hohe Stellungen einnehmen, hat großes Unheil hervorgebracht. Die so allgemein verbreitete Lehre, dass die göttlichen Satzungen für den Menschen nicht mehr verbindlich seien, ist in ihren Wirkungen auf die Sitten des Volkes dasselbe wie Abgötterei. Diejenigen, welche die Ansprüche des heiligen Gesetzes Gottes zu verringern suchen, untergraben direkt die Grundlage der Herrschaft in der Familie und in Nationen. Religiöse Eltern, die nicht in seinen Satzungen wandeln, befehlen ihrem Hause nicht den Weg des Herrn zu halten. Das Gesetz Gottes wird nicht zur Richtschnur des Lebens gemacht. Und wenn die Kinder ihren eigenen Herd gründen, fühlen sie sich unter keiner Verpflichtung, ihre Kinder das zu lehren, was sie selbst nie gelehrt worden sind. Und dies ist der Grund, warum es so viele gottlose Familien gibt, daher kommt es, dass die sittliche Entartung so tief und weit verbreitet ist.

Erst wenn die Eltern selbst mit vollkommenen Herzen in dem Gesetze des Herrn wandeln, werden sie bereits sein, ihren Kindern nach ihnen zu befehlen.  In dieser Beziehung tut eine Reformation not - eine Reformation, die tief und breit sein muss. Die Eltern müssen sich bessern; die Prediger müssen sich bessern; sie bedürfen Gottes in ihren Familien. Wenn sie einen verschiedenen Zustand der Dinge (Meinungsverschiedenheiten) sehen wollen, so müssen sie sein Wort in ihre Familien bringen und es zu ihrem Ratgeber machen. Sie müssen ihre Kinder lehren, dass dies die Stimme Gottes ist, die sich an sie richtet, und dass ihr unbedingt gehorcht werden muss. Sie sollten ihre Kinder geduldig unterweisen, sie freundlich und unermüdlich lehren, wie sie leben müssen, um Gott zu gefallen. Die Kinder solcher Familien sind vorbereitet, den Vernünfteleien des Unglaubens zu begegnen. Sie haben die Bibel zur Grundlage ihres Glaubens angenommen, und haben ein Fundament, das von der anstürmenden Flut der Zweifelsucht nicht weggeschwemmt werden kann.

In zu vielen Haushaltungen wird das Gebet vernachlässigt. Eltern meinen, dass sie keine Zeit hätten für Morgen- und Abendandachten. Sie können nicht etliche wenige Minuten damit zubringen, Gott zu danken für die vielen Gnadengaben - für den Sonnenschein und den Regen, welche die Pflanzenwelt gedeihen lässt, und für den Schutz heiliger Engel. Sie haben keine Zeit, um göttliche Hilfe und göttliche Führung und um die bleibende Gegenwart Jesu in der Familie zu beten. Ohne einen einzigen Gedanken an Gott oder den Himmel machen sie sich an die Arbeit, wie der Ochse oder das Pferd. Ihre Seelen sind so kostbar, dass, um sie nicht hoffnungslos verloren gehen zu lassen, der Sohn Gottes lieber sein Leben gab, um sie zu erlösen. Aber sie verstehen diese große Güte wenig mehr zu würdigen, als die Tiere, die umkommen.

Gleich den Patriarchen von altern errichten diejenigen, welche bekennen Gott zu lieben, überall wo sie ihr Zelt aufschlagen, dem Herrn einen Altar. Wenn es je eine Zeit gab, wo jedes Haus ein Bethaus sein sollte, so ist es diejetzige. Väter und Mütter sollten oft in demütigenden Flehen für sich und ihre Kinder ihre Herzen zu Gott erheben. Der Vater als Priester der Familie lege sein Morgen- und Abendopfer auf den Altar Gottes, während die Gattin und die Kinder sich in Gebet und Danksagung mit ihm vereinigen. In einer solchen Familie wird Jesus gerne weilen.

Von jedem christlichen Hause sollte ein heiliges Licht ausgehen. Es sollte ausströmen in allen häuslichen Verkehr (Nachbarn...), und sich zeigen in zarten Aufmerksamkeiten und milder, selbstloser Höflichkeit. Es gibt Familien, in denen dieser Grundsatz ausgeführt wird, Häuser, in denen Gott angebetet wird, und wahrste Liebe herrscht. Aus diesen Familien steigt das Morgen- und Abendgebet zu Gott empor als ein süßer Wohlgeruch, und seine Glaubensgaben und seine Segnungen steigen hernieder auf die Flehenden, wie der Morgentau.

Ein wohl geordneter christlicher Hausstand ist ein gewaltiger Beweis zu Gunsten der christlichen Religion - ein Beweis, den die Ungläubigen nicht widersprechen können. Alle können sehen, dass sich in der Familie ein Einfluss geltend macht, der auf die Kinder wirkt,  und dass der Gott Abrahams mit ihnen ist. Wenn die Haushaltungen vergeblicher Christen ein richtiges religiöses Gepräge hätten, würden sie einen mächtigen Einfluss zum Guten ausüben. Sie wären in der Tat “das Licht der Welt”. Der Gott des Himmels spricht zu allen treuen Eltern in den an Abraham gerichteten Worten: “Denn ich weiß, er wird befehlen seinen Kindern, und seinem Hause nach ihm, dass sie des Herrn Wege halten und tun, was recht und gut ist; auf dass der Herr auf Abraham kommen lasse, was er ihm verheißen hat.”

Die Prüfung Abrahams Glaubens

Abraham
hatte die Verheißung, das ihm ein Sohn geschenkt würde, angenommen, ohne eine Frage zu stellen; aber er wartete nicht, bis Gott sein Wort zu seiner eigenen Zeit auf seine eigene Weise erfülle. Um seinen Glauben an die Macht Gottes zu prüfen, wurde ein Verzug gestattet; aber er bestand die Probe nicht. Da Sarah es für unmöglich hielt, dass ihr in ihrem hohen Altar ein Kind gegeben werde, machte sie als Plan, durch welchen die göttliche Absicht erfüllt werden könnte, den Vorschlag, dass Abraham eine ihrer Mägde zur zweiten Gattin annehmen sollte. Die Vielweiberei war so allgemein geworden, dass sie nicht mehr als Sünde betrachtet wurde; aber sie war nichtsdestoweniger ein Übertretung des Gesetzes Gottes, und gereichte der Heiligkeit und dem Frieden des Familienverhältnisses zum Verderben. Abrahams Ehe mit Hagar zog nicht nur für seine eigene Familie, sondern auch für zukünftige Geschlechter böse Folgen nach sich.

Geschmeichelt durch ihre neue Stellung als Gattin Abrahams und in der Hoffnung, die große Nation zu werden, die von ihm abstammen sollte, wurde Hagar stolz und übermütig und behandelte ihre Herrin mit Verachtung. Gegenseitige Eifersucht störte den Frieden des einst glücklichen Hauses. Gezwungen auf die Klagen beider zu hören, bemühte sich Abraham umsonst, die Eintracht wieder herzustellen. Obwohl er nur auf die eindingliche Bitte Sarahs hin Hagar zum Weibe genommen hatten, machte sie ihm jetzt doch Vorwürfe, als ob es seine Schuld wäre. Sie wünschte ihre Nebenbuhlerin zu verbannen; aber Abraham weigerte sich, es geschehen zu lassen; denn Hagar sollte, wie er sehnsüchtig hoffte, die Mutter seines Kindes, des Sohnes der Verheißung werden. Dessen ungeachtet war sie Sarahs Magd, und er ließ sie noch immer unter der Herrschaft ihrer Herrin. Hagars hochfahrender Geist wollte die barsche Behandlung, die sie sich durch ihre Unverschämtheit zugezogen hatte, nicht ertragen. “Da sie nun Sarai wollte demütigen, floh sie von ihr.”

Sie machte sich auf den Weg in die Wüste, und als sie allein und ohne Freunde neben einer Quelle ruhte, erschien ihr ein Engel des Herrn in menschlicher Gestalt. Indem er sie als “Hagar, Sarais Magd” anredete, um sie an ihre Stellung und an ihre Pflicht zu erinnern, befahl er ihr: "Kehre wieder um zu deiner Herrin und demütige dich unter ihre Hand." Doch waren mit dem Tadel Worte des Trostes vermischt. "Ich will deinen Samen mehren dass er von großer Menge nicht soll gezählt werden... darum, dass der Herr dein Elend erhört hat." Und zur ewigen Erinnerung an seine Gnade, sollte sie ihr Kind Ismael nennen, ,,Gott hört".

Als Abraham beinahe hundert Jahre alt war, wurde ihm die Verheißung eines Sohnes wiederholt, mit der Versicherung, dass der zukünftige Erbe das Kind Sarahs sein werde. Aber Abraham verstand die Verheißung noch nicht. Seine Gedanken richteten sich sofort auf Ismael, indem er sich an den Glauben klammerte, dass durch ihn die Gnadenabsichten erfüllt werden sollten. In der Liebe für seinen Sohn rief er aus: “Ach, dass Ismael leben sollte vor dir.” Abermals wurde ihm in Worten, die nicht missverstanden werden konnten, die Verheißung gegeben: ,,Ja, Sarah, dein Weib, soll dir einen Sohn gebären, den sollst du Isaak heißen; denn mit ihm will ich meinen ewigen Bund aufrichten." Doch ließ Gott das Gebet des Vaters nicht unberücksichtigt. "Dazu um Ismael”, sagte er, “habe ich dich auch erhört. Siehe, ich habe ihn gesegnet, und will ihn fruchtbar machen, und sehr mehren... und will ihn zum großen Volk machen."

Die Geburt Isaaks, die nach lebenslangem Warten die Erfüllung ihrer teuersten Hoffnungen brachte, erfüllte die Zelte Abrahams und Sarahs mit Freude. Aber für Hagar war dieses Ereignis die Vernichtung der gehegten Lieblingspläne ihres Ehrgeizes. Ismael, nun ein Jüngling, war von allen im Lager als der Erbe der Reichtümer Abrahams und der seinen Nachkommen verheißenen Segnungen betrachtet worden. Nun wurde er plötzlich beiseite gesetzt; und in ihrer Enttäuschung hassten beide, Mutter und Sohn, das Kind Sarahs. Die allgemeine Freude vermehrte ihre Eifersucht, bis Ismael sich erfrechte, den Erben der Verheißung Gottes offen zu verspotten. Sarah sah in Ismaels Neigung, Unruhe zu stiften, eine beständige Quelle der Zwietracht, und wandte sich an Abraham, mit der Bitte, dass Hagar und Ismale aus dem Lager weggeschickt werden möchten. Der Patriarch wurde in große Trübsal versenkt. Wie konnte er Ismael, seinen noch immer innig geliebten Sohn verbannen? In seiner Verlegenheit flehte er um göttliche Weisung. Durch einen heiligen Engel wies der Herr ihn an, Sarah den Wunsch zu gewähren, seine Liebe für Ismael oder Hagar sollte nicht im Wege stehen, denn nur so konnte die Eintracht und das Glück seiner Familie wieder hergestellt werden. Und der Engel gab ihm die tröstliche Verheißung, dass selbst von dem Vaterhause getrennt, Ismael doch von Gott nicht verlassen sein werde; sein Leben sollte erhalten und er zum Vater einer großen Nation werden. Abraham gehorchte den Worten des Engels, aber nicht ohne großen Schmerz. Das Vaterherz wurde von unaussprechlichem Kummer bedrückt, als er Hagar und seinen Sohn wegschickte.

Die Belehrung, welche dem Abraham hinsichtlich der Heiligkeit des Ehebündnisses erteilt wurde, sollte ihm für alle Zeiten zur Lehre dienen. Dadurch wurde ihm erklärt, dass die Rechte und das Glück dieses Verhältnisses sorgfältig gewahrt werden müssen, selbst wenn es ein großes Opfer kosten sollte. Sarah war die einzige wahre Gattin Abrahams. Keine andere Person hatte Anspruch darauf, ihre Rechte als Gattin und Mutter zu teilen. Sie verehrte ihren Gatten und hierin wird sie im neuen Testament als würdiges Beispiel hingestellt. Aber sie war nicht willens, dass die Liebe Abrahams einer anderen gegeben werden sollte, und der Herr tadelte sie nicht dafür, dass sie verlangte, ihre Nebenbuhlerin solle weggeschickt werden. Sowohl Abraham als auch Sarah hatte die Macht Gottes misstraut, und dieser Irrtum war es, der zu der Ehe mit Hagar geführt hatte.

Gott hatte Abraham zum Vater der Gläubigen berufen, und sein Leben sollte späteren Geschlechtern als ein Beispiel des Glaubens dastehen. Aber sein Glaube war nicht vollkommen. Er hatte einen Mangel an Vertrauen gegen Gott an den Tag gelegt, indem er die Tatsache verheimlicht hatte, dass Sarah seine Frau war, und ebenso in seiner Verbindung mit Hagar. Damit er die höchste Stufe erreiche, unterzog Gott ihn einer anderen Prüfung, der größten, welche zu erdulden ein Mensch je berufen ward. In einem Gesichte der Nacht erhielt er den Befehl, ins Land Morija zu ziehen und dort auf einem Berge, der er ihm gezeigt werden sollte, seinen Sohn zum Brandopfer darzubringen.

Zurzeit, da Abraham diesen Auftrag erhielt, hatte er das Alter von hundert und zwanzig Jahren erreicht. Er wurde selbst zu seiner Zeit für einen alten Mann angesehen. In seinen Jugendjahren war er stark gewesen, Mühsal zu erdulden und Gefahren zu begegnen; nun aber aber das Feuer seiner Jugend erloschen. In der Kraft der Mannheit mag Einer mit Mut Schwierigkeiten und Trübsalen begegnen, von denen ihm im späteren Leben, wenn seine Füße gegen das Grab wanken, das Herz entfallen würde. Aber Gott hatte seine letzte und schwerste Prüfung für Abraham aufgespart, bis die Last der Jahre schwer auf ihm ruhte und er sich darnach sehnte, von Sorge und Mühe auszuruhen.

Der Patriarch wohnte, umgeben von Wohlfahrt und Ehre, zu Beer-Saba. Er war sehr reich und wurde von den Herrschern des Landes als mächtiger Fürst geehrt. Tausende von Schafen und Rindern bedeckten die Ebenen, die sich um sein Lager her ausdehnten. Überall waren die Zelte seiner Verwalter, die Wohnungen hunderter von treuen Knechten. Das Kind der Verheißung war an seiner Seite zum Mannesalter herangewachsen. Der Himmel schien ein aufopferndes Leben, das verzögerte Hoffnungen geduldig erwartete, mit seinen Segnungen gekrönt zu haben.

Im Gehorsam des Glaubens hatte Abraham seine Väter und seine Heimat verlassen - hatte sich von den Gräbern seiner Vorfahren und dem Vaterlande seiner Verwandten weggewendet. Als Fremdling war er in dem Lande seiner Erbschaft umhergezogen. Lange hatte er auf die Geburt des verheißenen Erben gewartet. Auf das Geheiß Gottes hatte er seinen Sohn Ismael weggeschickt. Und nun, als das so lange begehrte Kind in das Mannesalter eintrat und der Patriarch die Erfüllung seiner Hoffnungen zu erblicken wähnte, stand ihm eine Prüfung bevor, die größer war, als alle anderen.

Der Befehl war in Worte gefasst, welche das Vaterherz mit Angst erfüllen mussten: ,,Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn daselbst zum Brandopfer." Isaak war das Licht seines Hauses, der Trost seines Alters und vor allem der Erbe des verheißenen Segens. Wäre der Tod eines solchen Sohnes durch Unfall oder Krankheit erfolgt, so würde es das Herz des zärtlichen Vaters gebrochen haben; sein weißes Haupt wäre vom Kummer gebeugt worden; aber es wurde ihm geboten, das Blut dieses Sohnes mit eigener Hand zu vergießen. Es kam ihm vor, wie eine schreckliche Unglaublichkeit.

Satan war bereit, ihm einzuflüstern, dass er sich irren müsse, denn das göttliche Gesetz gebiete: "Du sollst nicht töten", und Gott würde nicht verlangen, was er einmal verboten habe. Sei Zelt verlassend, blickte Abraham auf zu dem ruhigen Glanze des unbewölkten Himmels, und rief die ihm vor beinahe fünfzig Jahren früher gemachte Verheißung zurück, dass sein Same unzählbar sein sollte, wie die Sterne. Wie konnte Isaak umgebracht werden, wenn in ihm die Verheißung erfüllt werden sollte? Abraham war versucht, zu glauben, dass er sich in einer Täuschung befinde. In seinem Zweifel und in seiner Angst beugte er sich zur Erde und betete, wie er nie zuvor gebetet hatte, um irgend eine Bestätigung des Befehles, falls er diese schreckliche Pflicht erfüllen musste. Er gedachte der Engel, die ihm gesandt worden waren, um ihm die Absicht Gottes, Sodom zu zerstören, zu offenbaren, und welche ihm die Verheißung dieses selben Sohnes gebracht hatten, und er begab sich an den Ort, wo er wiederholt mit den himmlischen Boten zusammengekommen war, in der Hoffnung, sie wiederum zu treffen und weitere Belehrung entgegenzunehmen; aber niemand kam, ihm Erleichterung zu bringe. Finsternis schien ihn zu umhüllen; aber das Gebot Gottes hallte in seine Ohren: ,,Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast." Dem Gebot musste gehorcht werden; und er wagte es nicht, zu verziehen (verzögern). Der Tag nahte sich, und er musste sich auf den Weg machen.

In sein Zelt zurückkehrend, ging er an den Ort, an dem Isaak den tiefen ungestörten Schlaf der Jugend und Unschuld schlief. Einen Augenblick schaute der Vater auf das liebe Antlitz seines Sohnes; dann wandte er sich zitternd ab. Er ging zu Sarah hin, die ebenfalls schlief. Sollte er sie aufwecken, damit sie noch einmal ihr Kind umarmte? Sollte er ihr von der Forderung Gottes erzählen? Er sehnte sich danach, die Last seines Herzens mit ihr zu teilen, und mit ihr diese schreckliche Verantwortlichkeit zu tragen; aber die Befürchtung, sie möchte ihn hindern, hielt ihn davon ab. Isaak war ihre Freude und ihr Stolz; ihr Leben war an das seine gekettet, und die Mutterliebe hätte das Opfer verhindern können.

Schließlich weckte Abraham seinen Sohn auf und erzählte ihm von dem Gebote, auf einem fernen Berge ein Opfer darzubringen. Isaak war oft mit seinem Vater gegangen, um auf einem der verschiedenen Altäre, die dessen Wanderungen kennzeichneten, anzubeten, und diese Aufforderungen erregten keine Überraschung. Die Vorbereitungen zur Reise waren bald getroffen. Das Holz wurde zurechtgemacht und auf den Esel gelegt, und mit zwei Knechten machten sie sich auf den Weg.

Nebeneinander zogen der Vater und der Sohn schweigend dahin. Dem Patriarchen, der das schwere Geheimnis erwog, war es nicht ums Reden. Seine Gedanken verweilten bei der stolzen, zärtlichen Mutter und dem Tage, an dem er allein zu ihr zurückkehrte. Er wusste wohl, dass das Messer ihr Herz durchbohren musste, wenn es das Leben ihres Sohnes nahm.

Der Tag - der längste, den Abraham je erlebt - schlich langsam seinem Ende entgegen. Während sein Sohn und die Jünglinge schliefen, brachte er die Nacht im Gebete zu, noch immer in der Hoffnung, dass ein himmlischer Bote komme und sage, es sei genug der Prüfung, der Jüngling könne unbeschädigt zu seiner Mutter zurückkehren. Ein anderer langer Tag, eine andere Nacht der Demütigung und des Gebetes, während stets das Gebot, das ihn kinderlos machen sollte, in seine Ohren tönte. Satan war nahe, um ihm Zweifel und Unglauben einzuflößen; aber Abraham widerstand seinen Einflüsterungen. Als sie im Begriffe waren, die dritte Tagesreise anzutreten, erblicke Abraham, nach Norden schauend, das verheißene Zeichen, eine Wolke der Herrlichkeit, die über dem Berge Morija schwebte; und er wusste, dass die Stimme, die zu ihm gesprochen hatte, vom Himmel war.

Selbst jetzt murrte er nicht gegen Gott, sondern stärkte seine Seele, indem er über die Beweise der Güte und Treue Gottes nachdachte. Dieser Sohn war ihm unerwartet gegeben worden; und hatte der, welcher diese kostbare Gabe verliehen hatte, nicht ein Recht, das Seine zurückzuverlangen? Dann wiederholte der Glaube die Verheißung: "In Isaak soll dir dein Same (Geschlecht) benannt werden", - ein Same so zahllos wie der Sand am Ufer. Isaak war das Kind eines Wunders, und konnte die Macht, die ihm das Leben gab, es nicht wiedergeben? Indem er über das Sichtbare hinausschaute, erfasste er das göttliche Wort: "und dachte, Gott kann auch wohl von den Toten erwecken."

Doch konnte niemand außer Gott verstehen, wie groß des Vaters Opfer war, seinen Sohn in den Tod dahinzugeben; Abraham wünschte, dass niemand als Gott die Abschiedsszene sehen sollte. Er befahl seinen Knechten, zurückzubleiben und sagte: "Ich und der Knabe wollen dorthin gehen; und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen." Das Holz wurde auf Isaak gelegt, der geopfert werden sollte; der Vater nahm das Messer und das Feuer, und sie stiegen miteinander zum Gipfel des Berges hinauf, wobei sich der Jüngling im Stillen wunderte, woher so weit von den Herden entfernt das Opfer kommen sollte. Schließlich sagte er: "Mein Vater,... siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?" Oh, welche Prüfung war das! Wie schnitten die teuren Worte ,,mein Vater?" in Abrahams Herz! Noch nicht, - er konnte es ihm jetzt nicht sagen. "Mein Sohn", sagte er, "Gott wird ihm ersehen ein Schaf zum Brandopfer."

An der bezeichneten Stelle bauten sie einen Altar, und legten das Holz darauf. Mit zitternder Stimme eröffnete Abraham dann seinem Sohne die göttliche Botschaft. Mit Schrecken und Bestürzung erfuhr Isaak sein Schicksal; aber er bot keinen Widerstand. Er hätte seinem Schicksal entrinnen können, wenn er es gewollt hätte; der von Kummer verzehrte alte Mann, erschöpft durch das Ringen dieser drei schrecklichen Tage, hätte sich dem Willen des kräftigen Jünglings nicht widersetzen können. Aber Isaak war von Kindheit an zu bereitwilligem, vertrauensvollem Gehorsam erzogen worden, und als die Absicht Gottes vor ihm offen dargelegt wurde, neigte er sich in williger Unterwerfung. Er teilte Abrahams Glauben und hielt dafür, dass es eine Ehre war, berufen zu sein, sein Leben Gott zum Opfer darzubringen. Zärtlich suchte er den Kummer seines Vaters zu erleichtern und ermutigte seine entkräfteten Hände, die Stricke zu binden, die ihn auf den Altar festbanden.

Und nun werden die letzten Worte der Liebe gesprochen, die letzten Tränen vergossen, zum letzten Mal umarmen sie sich. Der Vater hebt das Messer, um seinen Sohn umzubringen, als seine Hand plötzlich aufgehalten wird. Ein Engel Gottes ruft dem Patriarchen vom Himmel herab zu: ,,Abraham! Abraham!" Schnell antwortete er: ,,Hier bin ich." Und wiederum vernimmt er die Stimme: "Lege deine Hand nicht an den Knaben und tue ihm nichts. Denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen."

,,Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen" und indem er das neue Opfer schnell herbeibrachte, opferte er ihn "an seines Sohnes Statt". In seiner Freude und Dankbarkeit gab Abraham dem heiligen Orte einen neuen Namen: ,,Jehovah Jireh", ,,der Herr sieht".

Auf dem Berge erneuerte Gott abermals seinen Bund, indem er mit feierlichem Eide Abraham und seinem Samen für alle künftigen Geschlechter die Segnung bestätigte: "Ich habe bei mir selbst geschworen, spricht der Herr, weil du solches getan hast und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont, dass ich deinen Samen segnen und mehren will, wie die Sterne am Himmel und wie den Sand am Ufer des Meeres, und dein Same (Nachkommen) soll besitzen die Tore seiner Feinde; und durch deinen Samen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden, darum, dass du meiner Stimme gehorcht hast."

Abrahams große Glaubenstat steht da, wie eine Lichtsäule, die den Pfad der Knechte Gottes in allen späteren Geschlechtern erleuchtet. Abraham suchte sich nicht zu entschuldigen, den Willen Gottes zu tun.
Während der dreitägigen Reise hatte er hinreichend Zeit zu überlegen und an Gott zu zweifeln, wenn er zum Zweifel geneigt war. Er hätte denken können, dass man ihn für einen Mörder, einen zweiten Kain, ansehen werden, wenn er seinen Sohn umbringe, dass eine Ermahnungen verworfen und verachtet werden und so seine Macht, den Mitmenschen Gutes zu erweisen, vernichtet werde. Er hätte vorschützen können, dass sein Alter ihn vom Gehorsam entschuldigen müsse. Aber der Patriarch nahm zu keiner dieser Entschuldigungen Zuflucht. Abraham war menschlich; seine Leidenschaften und Neigungen waren wie die unseren; aber er hielt nicht inne, um zu fragen, wie die Verheißung erfüllt werden könne, wenn Isaak umgebracht werde. Er zögerte nicht, um mit seinem wunden Herzen zu rechten. Er wusste, dass Gott gerecht und billig ist in allen seinen Anforderungen, und gehorchte dem Gebote bis auf den Buchstaben.

,,Abraham hat Gott geglaubt, und ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, und ward ein Freund Gottes' geheißen." Und Paulus sagt: ,,Die des Glaubens sind, das sind Abrahams Kinder." Aber Abrahams Glaube offenbarte sich in Werken. "Ist nicht Abraham, unser Vater, durch die Werke gerecht geworden, da er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? Da siehst du, dass der Glaube mitgewirkt hat an seinen Werken, denn durch die Werke ist der Glaube vollkommen geworden.” Viele verstehen die Beziehung zwischen dem Glauben und den Werken nicht. Sie sagen: ,,Glaube nur an Christus, und du bist sichere. Du hast nichts zu tun mit dem Halten des Gesetzes." Aber echter Glaube wird sich durch Gehorsam offenbaren. Christus sagte den ungläubigen Juden: "Wenn ihr Abrahams Kinder wäret, so tätet ihr Abrahams Werke." Und hinsichtlich des Vaters der Gläubigen erklärt der Herr: "Abraham ist meiner Stimme gehorsam gewesen und hat gehalten meine Rechte, meine Gebote, meine Weise (Weisungen) und mein Gesetz." Der Apostel Jakobus sagt: ,,Der Glaube, wenn er nicht Werke hat, ist er tot in sich selber." Und Johannes, der so viel von der Liebe zu reden weiß, sagt uns: "Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten, und seine Gebote sind nicht schwer."

Durch Vorbild und Verheißung verkündigt die Schrift "Abraham zum voraus das Evangelium". Und der Glaube des Patriarchen war auf den künftigen Erlöser gerichtet. Christus sagte zu den Juden: "Abraham, euer Vater, ward froh, dass er meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich." Der an Stelle Isaaks geopferte Widder stellte den Sohn Gottes dar, der an unserer Statt geopfert werden sollte. Als der Mensch durch die Übertretung des Gesetzes Gottes zum Tode verurteilt war (wurde), sagte der Vater, auf seinen Sohn blickend, zu dem Sünder: ,,Lebe, ich habe ein Lösegeld gefunden."

Sowohl um dem Geiste Abrahams die Wirklichkeit des Evangeliums einzuprägen, als auch um seinen Glauben zu prüfen, gebot ihm Gott, seinen Sohn umzubringen. Der Seelenschmerz, den er während den dunklen Tagen seiner furchtbaren Prüfung erduldet hatte, wurde zugelassen, damit er aus eigener Erfahrung etwas von der Größe des von dem unendlichen  Gott zur Erlösung des Menschen gemachten Opfers verstehe. Keine andere Prüfung hätte Abraham solche Seelenqual bereiten können, wie die Aufopferung seines Sohnes. Gott übergab seinen Sohn einem Tod der Qual und Schande. Die Engel, welche die Erniedrigung und Seelenangst des Sohnes Gottes sahen, durften nicht dazwischen treten, wie in dem Falle Isaaks. Da war keine Stimme, die rief: ,,Es ist genug.” Um das gefallene Menschengeschlecht zu retten, gab der König der Herrlichkeit sein Leben hin. Welcher stärkere Beweis von unendlichem Erbarmen und der Liebe Gottes könnte gegeben werden? ,,Welcher auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschont, sondern hat ihn für uns alle dahin gegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?"

 Das von Abraham verlangte Opfer gereichte nicht nur ihm selbst zum Wohle, noch war es ausschließlich zum Besten der späteren Geschlechter; sondern es war auch eine Belehrung für die sündlosen Wesen des Himmels und anderer Welten. Der Schauplatz des Kampfes zwischen Christus und Satan - das Gebiet, auf welchem der Erlösungsplan ausgeführt wird, - ist das Unterrichtsbuch des Weltalls. Aber Abraham hatte einen Mangel an Glauben an die Verheißung Gottes gezeigt, Satan hatte ihn vor den Engeln und vor Gott angeklagt, er habe die Bedingungen des Bundes nicht erfüllt, und sei seiner Segnungen unwürdig. Gott wünschte die Treue seines Knechtes vor dem ganzen Himmel dazutun und zu zeigen, dass nichts geringeres als vollkommener Gehorsam angenommen werden kann, und vor ihnen auch den Erlösungsplan völliger zu entfalten.

Himmlische Wesen waren Zeugen der Szenen, als der Glaube Abrahams und die Untertänigkeit Isaaks geprüft wurden. Die Prüfung war weitaus schwerer als die, welche über Adam gebracht worden war. Dem Gebote nachzukommen, das unseren ersten Eltern auferlegt worden war, schloss kein Leiden in sich. Aber das dem Abraham erteilte Gebot verlangte das qualvollste Opfer. Der ganze Himmel betrachtete mit Erstaunen und Bewunderung den unwandelbaren Gehorsam Abrahams. Der ganze Himmel zollte seiner Treue Beifall. Es zeigte sich, dass die Anklagen Satans falsch waren. Gott erklärte seinem Knecht: ,,Nun weiß ich, dass du Gott fürchtest (trotz der Anschuldigungen Satans) und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen." Der dem Abraham durch einen Eid vor den himmlischen Wesen bestätigte Bund bezeugte, dass der Gehorsam belohnt werden wird.

Selbst den Engeln war es schwer gewesen, das Geheimnis der Erlösung zu erfassen - zu verstehen, dass der Gebieter des Himmels, der Sohn Gottes, sterben müsse für schuldige Menschen. Als dem Abraham der Befehl erteilt wurde, seinen Sohn aufzuopfern, wurde das Interesse aller himmlischen Wesen wachgerufen. Mit größter Aufmerksamkeit überwachten sie jeden Schritt in der Erfüllung des Gebotes. Als Abraham auf die Frage Isaaks: ,,Wo ist das Schaf zum Brandopfer" antwortete, "Gott wird ihm ersehen ein Schaf zum Brandopfer", und als die Hand des Vaters aufgehalten wurde, als er im Begriff war, seinen Sohn zu schlachten, und der Widder, den Gott ersehen hatte, an Stelle Isaaks geopferet wurde - da ergoss sich Licht auf das Geheimnis der Erlösung, und selbst die Engel verstanden deutlicher die wunderbare Vorkehrung, welche Gott zur Erlösung des Menschen getroffen hatte.

aus: “Patriarchen und Propheten” von Ellen G. White, Seite 127-148


ANFORDERUNGEN JAHWEHS, UNSERES GOTTES

Zu Gilgal hatte sich König Saul den Schein großer Gewissenhaftigkeit gegeben, als er vor dem Heere Israels stand und Gott opferte. Aber seine Frömmigkeit war nicht echt. Eine gottesdienstliche Handlung, die in direktem Widerspruch mit dem Gebote Gottes vollzogen wurde, konnte nur dazu dienen, die Hände Sauls zu schwächen, indem sie ihn außer den Bereich der Hilfe brachte, die Gott ihm so gerne gewährt hätte.

In dem Kriegszuge gegen Amalek glaubte Saul alles getan zu haben, was von Wichtigkeit war an dem, was JAHWEH ihm geboten hatte; aber JAHWEH hatte keinen Gefallen an einem teilweisen Gehorsam, noch wollte er das übersehen, was aus einem so glaubwürdigen Grunde vernachlässigt worden war. Gott hat es dem Menschen nicht freigestellt, von seinen Anforderungen abzuweichen. JAHWEH hatte Israel erklärt: „Ihr sollt derer keins tun, ... was ihm recht dünket,“ sondern „siehe zu und höre alle diese Worte, die ich dir gebiete.“ (5. Mose 12,8.28) Wenn wir uns für irgend eine Handlungsweise entscheiden, dürfen wir uns nicht fragen, ob es uns Leid bringt, sondern ob es in Übereinstimmung ist mit dem Willen Gottes. „Es gefällt manchem ein Weg wohl; aber endlich bringt er ihn zum Tode.“ (Spr. 14,12)

„Gehorsam ist besser denn Opfer.“  Die Sühnopfer waren an und für sich wertlos in den Augen Gottes. Sie sollten seitens des Opfernden die Reue für seine Sünde und den Glauben an Christus / Jahschua ausdrücken und zu künftigem Gehorsam gegen das Gesetz Gottes verpflichten. Aber ohne Reue, Glauben und ein gehorsames Herz waren die Opfer wertlos. Als Saul in direkter Übertretung gegen das Gesetz Gottes sich vornahm, von dem ein Opfer darzubringen, was Gott dem Untergange geweiht hatte, zeigte der dadurch seine offene Verachtung gegen die göttliche Autorität. Ein solcher Gottesdienst mußte eine Beleidigung für den Himmel sein. Aber wie viele handeln mit der Sünde Sauls und ihren Folgen vor Augen gerade so? Während sie sich weigern, etliche Anforderungen Gottes zu glauben und ihnen zu gehorchen, bestehen sie darauf, Gott durch die äußerlichen Formen ihres Gottesdienstes zu dienen. Aber der Geist Gottes antwortet nicht auf einen solchen Dienst. Gleichviel, wie eifrig sie auch sein mögen in der Beobachtung religiöser Zeremonien, so kann doch JAHWEH sie nicht annehmen, wenn sie absichtlich in der Übertretung eines seiner Gebote fortfahren.

„Ungehorsam ist eine Zaubereisünde, und Widerstreben ist Abgötterei und Götzendienst.“ Der Ungehorsam fing an bei Satan, und aller Ungehorsam gegen Gott ist direkt satanischem Einfluße zuzuschreiben. Diejenigen, welche sich gegen die Regierung Gottes empören, haben ein Bündnis geschlossen mit dem Erzabtrünnigen, und er wird seine Macht und List gebrauchen, um die Sinne gefangen zu nehmen und den Verstand irrezuführen. Er wird alles in einem falschen Licht erscheinen lassen. Gleich unseren ersten Eltern sehen alle, die unter seiner bezaubernden Macht stehen, nur die großen Vorteile, welche durch die Übertretung erlangt werden.

Es kann kein deutlicherer Beweise von der täuschenden Macht Satans gegeben werden, sich selbst zu täuschen, indem sie glauben, daß sie in dem Dienste Gottes stehen. Als Korah, Dathan und Abiram sich gegen die Autorität Moses empörten, glaubten sie sich einem nur menschlichen Anführer zu widersetzen, einem Manne, wie sie selbst, und sie meinten schließlich, daß sie in der Tat Gott einen Dienst erwiesen; aber indem sie das auserwählte Werkzeug Gottes verwarfen, verwarfen sie Christus / Jahschua; sie schmähten den Geist Gottes. So kreuzigten die jüdischen Schriftgelehrten und Ältesten, welche großen Eifer für die Ehre Gottes an den Tag legten, in den Tagen Christi / Jahschua seinen Sohn. Derselbe Geist herrscht noch immer in den Herzen derer, welche sich vorgenommen haben, im Trotz gegen den Willen Gottes ihrem eigenen Willen nachzugehen.

„Die Patriarchen und Propheten“ von Ellen G. White, S. 641 - 642


DAS SIEGEL GOTTES


Das Siegel Gottes, das sich auf den Blättern der Offenbarung zeigt, wird auch sichtbar an den himmelanstrebenden Bergen, dem fruchtbaren Tale, dem weiten, tiefen Ozean. Die Gegenstände der Natur sprechen zu dem Menschen von der Liebe seines Schöpfers. Durch ungezählte Zeichen am Himmel und auf Erden hat er uns mit sich verbunden. Diese Welt besteht nicht nur aus Schmerz und Elend. „Gott ist die Liebe,“ steht auf jeder sich öffnenden Knospe, auf dem Kelch jeder Blume, auf jedem Grashalm geschrieben. Obwohl der Fluch der Sünde gemacht hat, daß die Erde Dornen und Disteln hervorbringt, so tragen die Disteln doch Blumen und die Dornen werden von den Rosen verborgen. Alle Dinge der Natur zeugen von der zärtlichen, väterlichen Fürsorge unseres Gottes, und von seinem Verlangen, seine Kinder glücklich zu machen. Wenn er verbietet oder befiehlt, so tut er es nicht nur, um seine Autorität zu zeigen, sondern in allem, was er tut, hat er das Wohlergehen seiner Kinder im Auge. Er verlangt von ihnen nicht, daß sie etwas aufgeben, was zu ihrem Besten dienen würde, wenn sie es behielten.

Die Meinung, welche in etlichen Klassen der Gesellschaft vorwiegt, daß die Religion nicht zu Gesundheit und Glückseligkeit in diesem Leben führe, ist einer der bedauerlichsten Irrtümer. Die Heilige Schrift sagt; „Die Furcht JAHWEHS fördert zum Leben, und wird satt bleiben, daß kein Übel sie heimsuchen wird.“ (Spr. 19,23) „Wer ist, der gut Leben begehrt, und gern gute Tage hätte? Behüte deine Zunge vor Bösem, und deine Lippen, daß sie nicht falsch reden. Laß vom Bösen, und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach.“ (Ps. 34,13-15) Die Worte der Weisheit „sind das Leben denen, die sie finden, und gesund ihrem ganzen Leibe.“ (Spr. 4,22)

Wahre Religion bringt den Menschen in Übereinstimmung mit den natürlichen, sittlichen und geistigen Gesetzen Gottes. Sie lehrt Selbstbeherrschung, Gemütsruhe und Mäßigkeit. Religion veredelt das Gemüt, verfeinert den Geschmack und heiligt das Urteil. Der Glaube an die Liebe Gottes und die alles beherrschende Vorsehung erleichtert die Last der Sorge und der Mühsal. Sie erfüllt das Herz mit Freuden und Zufriedenheit in dem höchsten oder in dem bescheidensten Los. Die Religion geht direkt darauf aus, die Gesundheit zu fördern, das Leben zu verlängern und unseren Genuß all seiner Segnungen zu erhöhen.Sie eröffnet der Seele eine nie versiegende Quelle des Glücks. Möchten doch alle, die Christus / Jahschua nicht erwählt haben, einsehen, daß er ihnen etwas weit Besseres zu bieten hat, als sie selbst suchen. Der Mensch tut seiner Seele das größte Unrecht und den größten Schaden an, wenn er dem Willen Gottes / JAHWEHS zuwider denkt und handelt. Keine wirkliche Freude kann gefunden werden auf dem Pfade, den Er, der weiß, was am besten ist, verboten hat, und der auf das Wohl seiner Geschöpfe bedacht ist. Der Weg der Übertretung führt zu Elend und Verderben. Aber der Weisheit „Wege sind liebliche Wege, und alle ihre Steige sind Friede.“ (Spr. 3,17)


„Die Patriarchen und Propheten“ von Ellen G. White, S. 606 - 607


RELIGIÖSE UNTERRICHTSANSTALTEN

Wie groß ist der Unterschied zwischen jenen Schulen, in denen die Propheten Gottes lehrten und unseren gegenwärtigen Unterrichtsanstalten! Wie wenige Schulen finden sich, die nicht von den Grundsätzen und Sitten der Welt beherrscht werden. Es besteht ein beklagenswerter Mangel an passender Einschränkung und verständiger Zucht. Die vorhandene Unkenntnis des Wortes Gottes unter einem angeblich christlichen Volke ist entsetzlich. Oberflächliches Geschwätz, bloße Sentimentalität, gilt für Unterricht in der Sittenlehre und Religion. Die Gerechtigkeit und Barmherzigkeit Gottes, die Schönheit der Heiligkeit und die sichere Belohnung der Rechtschaffenheit, der verabscheuungswürdige Charakter der Sünde und die Gewißheit ihrer schrecklichen Folgen werden den Herzen der Jugend nicht eingeprägt. Böse Gesellschafter unterweisen die Jugend in den Wegen des Verbrechens, der Verschwendung und Ausschweifung. Ist in den Schulen der alten Hebräer nicht allerlei, was die heutigen Erzieher mit Vorteil lernen könnten? Er, der den Menschen erschaffen hat, hat für die Entwicklung desselben an Leib, Seele und Geist gesorgt. Wahrer Erfolg in der Erziehung hängt deshalb von der Treue ab, mit welcher die Menschen den Plan des Schöpfers ausführen.

Der wahre Zweck der Erziehung ist, das Bild Gottes in der Seele wieder herzustellen. Am Anfang schuf Gott den Menschen nach seinem eigenen Bilde. Er begabte ihn mit edlen Eigenschaften. Sein Verstand war ebenmäßig und alle Kräfte seines Wesens waren harmonisch. Aber der Sündenfall und seine Wirkungen habe alle die Gaben verderbt. Die Sünde hatte das Bild Gottes im Menschen befleckt und beinahe verwischt. Um dieses Bild wieder herzustellen, wurde der Erlösungsplan erdacht und dem Menschen eine Gnadenzeit gewährt. Ihn zurückzubringen zu der Vollkommenheit, in welcher er zuerst geschaffen wurde, ist der große Zweck des Lebens – das Ziel, das allen anderen zu Grunde liegt. Es ist die Aufgabe der Eltern und Lehrer, bei der Erziehung der Jugend mit der göttlichen Absicht zusammenzuwirken, und wenn sie dies tun, sind sie „Gottes Mitarbeiter.“

Alle die verschiedenen Fähigkeiten, welche der Mensch besitzt, nach Leib, Seele und Geist – sind ihm von Gott gegeben worden, damit er sich ihrer so bediente, daß er den höchst möglichen Grad der Vollkommenheit erreiche. Dies kann aber keine selbstsüchtige und einseitige Bildung sein; denn der Charakter Gottes, dessen Bild wir annehmen sollen, ist Wohlwollen und Liebe. Jede Fähigkeit, jede Eigenschaft, mit welcher der Schöpfer uns begabt hat, soll zu seiner Verherrlichung und zur Veredlung unserer Mitmenschen verwendet werden. Und in dieser Anwendung finden wir die reinste, edelste und glücklichste Beschäftigung.

„Der Weisheit Anfang ist JAHWEHS Furcht, und der Verstand lehrt, was heilig ist.“ (Spr. 9,10)  Die große Aufgabe des Lebens ist Charakterbildung, und eine Erkenntnis Gottes ist die Grundlage aller wahren Erziehung. Diese Kenntnis mitzuteilen, und den Charakter damit in Übereinstimmung zu bringen, sollte das Ziel der Arbeit des Lehrers sein. Das Gesetz Gottes ist ein Abglanz seines Charakters. Deshalb sagt der Psalmist: „Alle deine Gebote sind recht;“ und „dein Wort macht mich klug.“ (Ps. 119,172.104) Gott hat sich in seinem Wort und den Werken seiner Schöpfung offenbart. Durch das von seinem Geiste eingegebene Buch und das Buch der Natur sollen wir eine Erkenntnis JAHWEHS erlangen.

Es ist ein Gesetz unseres Geistes, daß er sich allmählich den Gegenständen anpaßt, bei welchen er längere Zeit verweilt. Wenn er sich nur mit gewöhnlichen Dingen beschäftigt, so wird er verkrüppelt und geschwächt. Wenn er nie dazu angehalten wird, sich mit schwierigen Problemen zu befassen, wird er mit der Zeit das Vermögen zu wachsen verlieren. Als eine erziehende Macht ist die Bibel ohne gleichen. Im Worte Gottes findet der Geist Gegenstände zum tiefsten Nachdenken, zu den erhabensten Bestrebungen. Die Bibel ist die belehrendste Geschichte, welche der Mensch besitzt. Sie kam frisch von der Quelle der ewigen Wahrheit, und eine göttliche Hand hat ihre Reinheit durch alle Jahrhunderte hindurch bewahrt. Sie wirft Licht auf die weit zurückliegende Vergangenheit, wohin menschliches Nachforschen umsonst zu dringen sucht. Im Worte Gottes erblicken wir die Macht, welche die Gründe der Erde legte und den Himmel ausspannte.
Der Vorhang, der die sichtbare Welt von der unsichtbaren trennt, ist gehoben, und wir erblicken den Kampf der sich widerstrebenden Mächte des Guten und Bösen von dem ersten Eindringen der Sünde an, bis zum schließlichen Triumph der Gerechtigkeit und Wahrheit; und alles ist nur eine Offenbarung des Charakters Gottes. Bei der ehrfurchtsvollen Betrachtung der in seinem Worte dargestellten Wahrheiten wird der Geist des Lernenden in Verbindung gebracht mit den unendlichen Geiste. Ein solches Studium wird nicht allein den Charakter verfeinern und veredeln, sondern es wird auch nicht verfehlen, die geistigen Kräfte zu erweitern und zu stärken.

Die Lehren der Bibel haben einen lebendigen Einfluß auf das Wohlergehen des Menschen in allen Verhältnissen des Lebens. Sie zeigt die Grundsätze, welche der Eckstein der Wohlfahrt einer Nation sind – Grundsätze, mit welchen das Gedeihen der Gesellschaft verknüpft ist, und welche der Schutz der Familie sind – Grundsätze, ohne welche kein Mensch Brauchbarkeit, Glück und Ehre sichern kann in diesem Leben, noch hoffen darf, das zukünftige, ewige Leben zu erlangen. Es gibt keine Stellung in diesem Leben, keine Phase in der menschlichen Erfahrung, für welche die Lehren der Bibel nicht eine höchst wichtige Vorbereitung sind. Wenn das Wort Gottes erforscht und befolgt würde, so würde es in der Welt Männer von stärkerem und tätigerem Verstande geben, als die Erwerbung all der Kenntnis es vermag, welche die menschliche Philosophie umfaßt. Es würde starke und charakterfeste Männer bilden, Männer von scharfer Auffassungsgabe und gesundem Urteil – Männer, welche Gott zur Ehre und der Welt zum Segen gereichen würden.

„Die Patriarchen und Propheten“ von Ellen G. White, S. 602 - 605


 

BuiltWithNOF


~ Design am Venere/Sabbath 20./21.09.2002 ~ Stand Sabbath, 09.11.2013 ~